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Barbizon und die Würde der Arbeit – Millets Weg zur Wahrheit des Alltags


Jean-François Millet kam 1814 in einem winzigen Dorf in der Normandie zur Welt. Er wuchs als ältester Sohn in einer einfachen Bauernfamilie auf. Ringsum gab es Heu, Mistgabeln und Bibelverse. Diese Zeit prägte ihn stark durch das harte Leben der Landarbeiter. Es war voller Entbehrungen und Kargheit. Später wurde das die Basis für seine Kunst. Wer das Bauernleben nicht nur sieht, sondern selbst durchlebt, der malt anders. Es wird echter. Es geht tiefer.

Man erkannte früh sein Talent zum Zeichnen, obwohl er aus bäuerlicher Herkunft stammte. Sein Weg dorthin war umständlich. Von Cherbourg bis Paris führte er schließlich zur École des Beaux-Arts. Der Glanz der Stadt passte aber nicht zu seiner inneren Welt. Historienmalerei, religiöse und mythologische Themen – die offizielle Malerei der Salons – interessierten ihn kaum. Sein Herz hing nicht an dem üblichen Pathos. Es schlug für die Leute, die jeden Tag auf dem Feld mit der Erde kämpften. Und so verwundert es kaum, dass sein frühes Werk „Hl. Anna lehrt Maria“ vom Pariser Salon im Jahr 1839 von der Jury abgelehnt wurde.

Der große Umschwung kam 1848 mit dem Gemälde Le Vanneur. Es zeigte einen einfachen Mann, der Korn schüttelte. Das Bild sorgte für Aufruhr in einem Frankreich voller politischer Spannungen. Republikaner sahen darin ein Plakat für das einfache Volk. Konservative spürten eine Gefahr. Von da an galt Millet als Sprecher der Vergessenen. Gleichzeitig war er eine Provokation für die Pariser Kunstszene.

Jean-François Millet creator QS:P170,Q148458 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Jean-François_Millet_(II)_005.jpg), „Jean-François Millet (II) 005“, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons: https://commons.wikimedia.org/wiki/Template:PD-Art-YorckProject
Jean-François Millet creator QS:P170,Q148458 , Jean-François Millet (II) 005, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Dann machte er einen entscheidenden Schritt. Er zog mit seiner Familie nach Barbizon. Das Dorf lag am Rand des Waldes von Fontainebleau. Dort, weit weg vom Trubel der Salons, fand er seine Themen. Es waren Sämann, Frauen, die Ähren lasen, oder betende Bauern bei Sonnenuntergang. Seine Bilder stellten keine sanften Landschaftsträume dar. Sie waren starke Lieder zur Ehre der Arbeit. In der gebückten Haltung einer Frau, die eine Ähre aufhebt, sah er nicht nur Plage. Er erkannte Größe darin.

Millets Werke handeln von einem Leben fernab der großen Machtbühne. Es fehlt an Glanz und an Pose. Aber die Tiefe zieht den Betrachter fast immer rein. Das Angelusläuten ist vielleicht sein bekanntestes Stück. Es zeigt ein bäuerliches Paar in der Dämmerung. Sie halten inne. Hier mischt sich Gebet mit dem täglichen Brotverdienen. Der Mensch verbindet sich mit der Erde. Der Glaube hängt am Überleben.

Später wandte er sich mehr der Landschaft zu. Das war keine Flucht vom alten Thema. Es baute es weiter aus. Für Millet war die Natur nie nur Hintergrund. Sie spielte mit, sie kämpfte mit, sie war wie eine Vertraute. Seine Bäume unterhalten sich fast. Seine Felder speichern Geschichten.

Anfangs vom Pariser Salon abgeleht. Verbesserte sich seine finanzielle Lage zunehmend. Besonders nach 1860 fanden seine Werke zunehmend Anerkennung. Kunsthändler wie Durand-Ruel begannen, seine Bilder zu kaufen, und er erhielt bedeutende Aufträge. Vincent van Gogh sah in ihm einen Propheten des Alltags.