Wie klingt ein Aufbruch? Wenn man ihn in Köln suchen will, beginnt er nicht mit Pauken und Trompeten, sondern mit einer geraden Bassdrum – schnörkellos, bestimmt und durchdrungen von einem Hauch Hildegard Knef’scher Lebensgier. Es ist das Echo eines kleinen Ladens, gegründet von Freunden, die nichts als Musik im Kopf hatten – und das alles veränderten.
In den frühen 1990er Jahren, als Frankfurt und Berlin als Epizentren des „Tekkno“ galten, brodelte es auch in Köln. Ausgerechnet hier – in einer Stadt, die für Gemütlichkeit, Karneval und Kölsch bekannt ist – formierte sich eine Gegenkultur. Jörg Burger, Wolfgang Voigt, Reinhard Voigt, Jürgen Paape und Michael Mayer eröffneten 1993 den Plattenladen „Delirium“ – ein Ort, der schnell mehr war als ein Geschäft: eine Keimzelle einer neuen musikalischen Bewegung, ein Labor für Ideen, ein Wohnzimmer für Gleichgesinnte.
Sie nannten es später „Kompakt“. Und was aus dem anfänglichen Jux entstand, wuchs zu einem Manifest der Selbstbestimmung. Der Wille, alles in eigene Hände zu nehmen – von der Produktion bis zum Vertrieb – war nicht nur unternehmerische Notwendigkeit, sondern auch politische Geste. Autonomie gegen die Übermacht der Konzerne, Kreativität gegen die Norm.
Der „Sound of Cologne“ war geboren – minimalistisch, elegant, durchdrungen von Pop, Disco und Krautrock. Keine Stars, keine Hierarchien, keine Erklärungspflicht. Techno wurde hier zur Kunstform, zur Haltung, zur gelebten Utopie. In der Werderstraße wurde nicht nur gearbeitet, sondern auch gewohnt, gekocht, gefeiert – ein Kollektiv gegen das entfremdete Leben.
33,3 Jahre später feiert die Ausstellung „Kompakt 500“ im Kölnischen Kunstverein diese Geschichte: mit 500 Cover-Artworks, Soundwänden, rarer Clubwear und einem Kinoprogramm aus Musikvideos. Doch es ist kein nostalgischer Rückblick. Es ist ein „Schön war’s – und jetzt erst recht!“. Denn Kompakt blickt nicht zurück, um zu verharren, sondern um mit jeder Bassdrum einen weiteren Schritt nach vorn zu machen.
Kompakt 500 läuft noch bis zum 20. Juli 2025 im Kölnischen Kunstverein. Wer wissen will, wie Kunst klingen kann – sollte hingehen.