Wassily Kandinsky (1866-1944), ein russischer Maler und Mitbegründer des „Blauen Reiter“ in München, sowie Lehrer am Bauhaus, und Hilma af Klint (1862-1944), eine schwedische Künstlerin, deren visionäres Werk erst in jüngerer Zeit wiederentdeckt wurde, gelten als herausragende Namen der westlichen abstrakten Kunst. Eine neue Ausstellung in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen präsentiert erstmals ihre Werke gemeinsam und bietet einen spannenden Vergleich.
Eine vergessene Visionärin
Die Werke von Hilma af Klint wurden in einer großen Ausstellung im Guggenheim Museum in New York erstmals umfassend gezeigt. Diese Werke, die vor über hundert Jahren entstanden sind, tragen Botschaften aus einer anderen Welt. Doch wer war diese visionäre Künstlerin, die lange vor Malewitsch und Kandinsky große abstrakte Bilder malte und in ihrer Heimat Schweden weitgehend unbekannt blieb?
Hilma af Klint gehörte zu den ersten Frauen, die an der Königlichen Kunstakademie in Stockholm studierten. Ihre frühen Porträts und Blumenbilder wurden anerkannt, doch ihre wahre künstlerische Freiheit entdeckte sie später, als sie begann, konventionelle Kunst hinter sich zu lassen und Werke zu schaffen, die ihrer Zeit weit voraus waren. Erst mehr als siebzig Jahre nach ihrem Tod fand ihre Kunst die verdiente Anerkennung.
Die spirituelle Dimension
In einer Zeit des wissenschaftlichen und spirituellen Aufbruchs fand Hilma af Klint Inspiration in der Theosophie und gründete mit Freundinnen den spirituellen Zirkel „Die Fünf“. Ihre Kunst, oft durch automatisches Malen entstanden, war von höheren Wesen inspiriert und erhielt dadurch eine besondere Tiefe und Ausdruckskraft. Trotz Skepsis, selbst von Seiten des von ihr verehrten Rudolf Steiner, setzte sie ihre Arbeit unbeirrt fort. Erst Jahrzehnte nach ihrem Tod wurden ihre Werke endlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und anerkannt.
Späte Anerkennung und bleibender Einfluss
Heute werden die Werke von Hilma af Klint in renommierten Museen wie dem Guggenheim Museum hochgeschätzt. Ihre Geschichte ist eine von Vision und Beharrlichkeit, und ihre Kunst inspiriert weiterhin eine neue Generation von Künstlern und Kunstliebhabern. Ihre Bilder, die in einem wahren Schaffensrausch entstanden sind, faszinieren Menschen auf der ganzen Welt und haben ihren Platz in der Kunstgeschichte gefunden.
Wassily Kandinsky: Der Vater der Abstraktion
Wassily Kandinsky, der 1866 in Moskau geboren wurde, gilt als einer der Hauptakteure der abstrakten Kunst. Ursprünglich als Jurist tätig, wandte er sich schließlich vollständig der Kunst zu. Seine synästhetische Wahrnehmung – die Fähigkeit, Töne als Farben zu sehen – prägte seine Kunst und führte ihn zu der Überzeugung, dass Farben und Formen unabhängig von der realen Welt existieren und direkte Emotionen und spirituelle Erlebnisse hervorrufen können.
1909 gründete er mit Franz Marc die Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“, die sich für eine Kunst frei von traditionellen Zwängen und mit spirituellen Werten im Vordergrund einsetzte. Am Bauhaus in Weimar, wo er von 1922 bis 1933 lehrte, konnte Kandinsky seine Ideen weiterentwickeln. Seine Werke aus dieser Zeit sind geprägt von geometrischen Formen und einer strengen Farbpalette.
Schlusswort
Die Ausstellung in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, die die Werke von Hilma af Klint und Wassily Kandinsky vereint, ist mehr als eine Hommage an zwei herausragende Künstler. Sie feiert die abstrakte Kunst und ihre Fähigkeit, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Beide Künstler, oft zu ihrer Zeit nicht verstanden, haben durch ihre Vision und ihr innovatives Denken den Weg für die moderne Kunst geebnet. Ihre Werke erinnern uns daran, dass wahre Kunst oft erst im Rückblick vollständig gewürdigt wird und dass die Kraft der Kreativität Grenzen und Zeiten überwindet.